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Mandanteninformationen für Unternehmer und Freiberufler Juni 2019


Liebe Mandantin, lieber Mandant,


auch im vergangenen Monat hat sich rund um Steuern, Recht und Betriebswirtschaft einiges getan. Über die aus unserer Sicht wichtigsten Neuregelungen und Entscheidungen halten wir Sie mit Ihren Mandanteninformationen gerne auf dem Laufenden. Zögern Sie nicht, uns auf einzelne Punkte anzusprechen, wir beraten Sie gerne!

Mit steuerlichen Grüßen


Inhalt

1.

Schwerbehinderte Bewerber müssen nicht zwingend zum Vorstellungsgespräch eingeladen werden

2.

Sind ausländische Buchführungspflichten im deutschen Besteuerungsverfahren maßgeblich?

3.

Anteile an offenen Immobilienfonds: Was ist der Teilwert?

4.

Wie wirken sich Rückstellungen für Steuerschulden des Organträgers aus?

5.

Wann gilt eine Entschädigung für die Eintragung einer Dienstbarkeit als zugeflossen

6.

Ist die Tätigkeit eines Heileurythmisten gewerblich?

7.

Bau einer Gartenanlage: Unterliegt die Lieferung der Pflanzen dem ermäßigten Steuersatz?

8.

Auch wenn viel Bargeld im Spiel ist: Alles muss versteuert werden

9.

Verbleibender Spendenvortrag muss vom Finanzamt gesondert festgestellt werden

10.

Wertlose Aktien: Welche steuerlichen Folgen ergeben sich?

11.

Unterricht in der Fahrschule ist nicht von der Umsatzsteuer befreit

12.

Investitionszulage: Wann beginnt die Herstellung eines Gebäudes?

13.

Waren im Niedrigpreissegment: Welche Anforderungen sind an die Leistungsbeschreibung zu stellen?

14.

Vermietung: Zeitpunkt der Rückgabe entscheidet über den Beginn der Verjährung

15.

Wohnungseigentum: Kurzzeitvermietung kann nicht mit Mehrheitsbeschluss verboten werden

16.

Warum Bewohnerparkausweise nur für Bewohner sind, nicht für Geschäftsleute


1. Schwerbehinderte Bewerber müssen nicht zwingend zum Vorstellungsgespräch eingeladen werden

Grundsätzlich sind zwar öffentliche Arbeitgeber verpflichtet, schwerbehinderte Bewerber zum Vorstellungsgespräch einzuladen. Jedoch gibt es bei sog. gestuften Ausschreibungsverfahren eine Ausnahme, wie ein Urteil aus Schleswig-Holstein zeigt.

Hintergrund

Der öffentliche Arbeitgeber besetzte in dem gestuften Ausschreibungsverfahren alle intern wie extern ausgeschriebenen Stellen mit internen Bewerbern. Die Klägerin war eine externe Bewerberin, die einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt ist. Ohne zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen zu werden, erhielt sie eine Absage auf ihre Bewerbung. Deshalb klagte sie vor Gericht auf eine Entschädigung in Höhe von 5 Monatsgehältern. Der Umstand, dass sie nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen worden sei, hielt sie für ein hinreichendes Indiz für eine Diskriminierung.

Der Beklagte erachtete seine Praxis, externe Bewerber prinzipiell und unabhängig von einer Schwerbehinderung nicht einzuladen, als rechtmäßig. Durch die Berücksichtigung interner Bewerber in dem gestuften Ausschreibungsverfahren sei das Indiz einer Benachteiligung widerlegt.

Entscheidung

Das Landesarbeitsgericht schloss sich der Auffassung des beklagten Arbeitgebers an. Denn allein die Tatsache, dass der Arbeitgeber die Bewerberin nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen hatte, konnte kein Indiz für eine Diskriminierung wegen ihrer Schwerbehinderteneigenschaft darstellen. Vielmehr hatte die schwerbehinderte Bewerberin die formale Voraussetzung als interne Bewerberin nicht erfüllt. Darüber hinaus bestand eine Einladungspflicht von externen schwerbehinderten Bewerbern in einem internen Bewerbungsverfahren gerade nicht. Die nicht erfolgte Einladung war letztlich als Indiz für eine Diskriminierung ungeeignet.

Weiterhin waren die Richter überzeugt, dass die Einladung zum Vorstellungsgespräch nur deshalb ausgeblieben war, weil es sich um eine externe Bewerbung gehandelt hatte. Die klagende Bewerberin wurde also – wie alle anderen externen Bewerber übrigens auch – nur aus diesem Grund nicht eingeladen. Die Schwerbehinderung war nicht ursächlich dafür, die Bewerberin nicht zum Gespräch einzuladen. Die von der Klägerin geforderte Entschädigung lehnte das Gericht deshalb ab.

2. Sind ausländische Buchführungspflichten im deutschen Besteuerungsverfahren maßgeblich?

Eine in Deutschland beschränkt körperschaftsteuerpflichtige Aktiengesellschaft liechtensteinischen Rechts kann im Inland buchführungspflichtig sein. Grund dafür ist § 140 AO. "Andere Gesetze" können demnach auch ausländische Rechtsnormen sein.

Hintergrund

Die Klägerin ist eine Aktiengesellschaft liechtensteinischen Rechts. Da sie im Inland keinen ständigen Vertreter hat, ist sie nur mit ihren aus der Vermietung eines im Inland belegenen Grundstücks erzielten Einkünften beschränkt körperschaftsteuerpflichtig. Nach liechtensteinischem Recht unterliegt sie in Liechtenstein der Buchführungspflicht. Nachdem die Klägerin für das Jahr 2010 aus der Vermietung dieses Grundstücks einen als gewerbliche Einkünfte zu erfassenden Gewinn in Höhe von 133.131,82 EUR erklärt hatte, erließ das Finanzamt ihr gegenüber die Mitteilung nach § 141 Abs. 2 Satz 1 AO über den Beginn der Buchführungspflicht für den Gewerbebetrieb "Vermietung und Verwaltung von Grundbesitz".

Entscheidung

Die Revision der Klägerin hatte Erfolg. Der Bundesfinanzhof hob die Entscheidung des Finanzgerichts und die Mitteilung des Finanzamts über den Beginn der Buchführungspflicht auf.

Nach § 140 AO hat derjenige, der nach anderen Gesetzen als den Steuergesetzen Bücher und Aufzeichnungen zu führen hat, die für die Besteuerung von Bedeutung sind, die Verpflichtungen, die ihm nach den anderen Gesetzen obliegen, auch für die Besteuerung zu erfüllen. Der Bundesfinanzhof war der Ansicht, dass die Regelung des § 140 AO nicht nur auf inländische, sondern auch auf ausländische Buchführungspflichten verweist. Die in § 140 AO verwendete Formulierung ("andere Gesetze") beschränkt sich nicht nur auf inländische Rechtsnormen.

Daraus ergibt sich für den vorliegenden Fall: Die Klägerin war bereits nach § 140 AO i. V. m. ihrer Buchführungspflicht aus liechtensteinischem Recht auch im Inland zur Buchführung verpflichtet. Für eine Buchführungspflicht nach § 141 AO bestand demnach kein Raum. Dies wird auch durch den mit § 140 AO verfolgten Zweck, möglichst viele außersteuerliche Pflichten für das deutsche Steuerrecht nutzbar zu machen und dadurch den Steuergesetzgeber zu entlasten, bestätigt.

3. Anteile an offenen Immobilienfonds: Was ist der Teilwert?

Liegen die Voraussetzungen für eine Teilwertabschreibung auf zum Umlaufvermögen gehörende Anteile an in Liquidation befindlichen offenen Immobilienfonds vor, bei denen am Bilanzstichtag die Anteilsrücknahme endgültig ausgesetzt war? Mit dieser Frage musste sich der Bundesfinanzhof beschäftigen.

Hintergrund

Die Klägerin war eine eingetragene Genossenschaft und Gesamtrechtsnachfolgerin einer Bank. Die Bank hielt in ihrem Betriebsvermögen am Bilanzstichtag 31.12.2012 Anteile an offenen Immobilienfonds. Diese befanden sich zum Bilanzstichtag in Liquidation. Zudem war die Ausgabe und Rückgabe von Anteilen endgültig ausgesetzt.

Die Klägerin schrieb deshalb die Anteile zum 31.12.2012 vom bisher angesetzten Rücknahmepreis auf den sog. Zweitmarktwert ab, also den Börsenkurs im Handel mit den Anteilen im Freiverkehr. Da Ausgabe und Rücknahme der Anteile endgültig ausgesetzt waren, war der Handel am Zweitmarkt an der Börse die einzige Möglichkeit, Anteile der betroffenen Fonds zu veräußern oder zu erwerben.

Das Finanzamt erkannte die Teilwertabschreibungen auf den Zweitmarktwert nicht an.

Die Klage vor dem FG hatte keinen Erfolg.

Das Finanzgericht war der Ansicht, dass die Voraussetzungen für eine Teilwertabschreibung sich nicht feststellen ließen.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof entschied dagegen, dass die Voraussetzungen für eine Teilwertabschreibung vorlagen.

U. a. Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens sind grundsätzlich mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzusetzen. Jedoch kann an Stelle jener Werte der Teilwert angesetzt werden, wenn er aufgrund einer voraussichtlich dauernden Wertminderung niedriger ist. Das Gesetz sieht insoweit für die Bewertung von Umlaufvermögen keine abweichenden Regelungen vor.

Da bei der Teilwertermittlung die Sicht eines gedachten Erwerbers des Betriebs einzunehmen ist, ist bei der Ermittlung des Teilwerts von Anteilen an Investmentfonds im Anlagevermögen auf den Ausgabepreis, d. h. auf den Preis, zu dem die Anteilsscheine erworben werden können, abzustellen. Denn der Wiederbeschaffungspreis entspricht im Allgemeinen dem Börsen- oder Marktpreis am Bilanzstichtag.

Der Teilwert von im Umlaufvermögen gehaltenen Anteilen an offenen Immobilienfonds ist jedoch grundsätzlich der Rücknahmepreis, denn der Teilwert von zum Absatz bestimmten Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens hängt nicht nur von ihren Wiederbeschaffungskosten, sondern auch von ihrem voraussichtlichen Veräußerungserlös ab. Der Einzelveräußerungspreis entspricht dem Preis, den der Steuerpflichtige hätte erzielen können, wenn er das Wirtschaftsgut am Stichtag einzeln ohne Rücksicht auf die Betriebszugehörigkeit veräußert hätte. Er wird in der Regel mit dem Verkehrswert gleichgesetzt.

Ist hingegen - wie im vorliegenden Fall - die Ausgabe von Anteilen durch die Fondsgesellschaft endgültig ausgesetzt, ist für jedermann ein Erwerb von der und eine Rückgabe an die Fondsgesellschaft ausgeschlossen. Ein gedachter Erwerber des Betriebs muss daher für gedachte Erwerbe bzw. Veräußerungen andere Möglichkeiten nutzen. Entsprechend müssen die Wiederbeschaffungskosten bzw. Einzelveräußerungspreise anhand der objektiv zur Verfügung stehenden Erwerbs- bzw. Veräußerungsmöglichkeiten bestimmt werden. Vorliegend sind dies der Erwerb und die Veräußerung an der Börse (Zweitmarkt). Der Veräußerungserlös, den der gedachte Erwerber hätte erzielen können, wenn er das Wirtschaftsgut am Stichtag einzeln ohne Rücksicht auf die Betriebszugehörigkeit veräußert hätte, ist daher der Börsenkurs an einer Börse, an der die Fondsanteile gehandelt werden.

4. Wie wirken sich Rückstellungen für Steuerschulden des Organträgers aus?

Hat eine Organgesellschaft Aufwendungen, die aufgrund einer Haftungsinanspruchnahme für Körperschaftsteuerschulden des Organträgers entstehen, gilt für diese nicht das Abzugsverbot des § 10 Nr. 2 KStG.

Hintergrund

Zwischen der Klägerin A (Organgesellschaft) und der Organträgerin B bestand bis zum 31.12.2000 eine körperschaftsteuerliche Organschaft. Über das Vermögen der B wurde im Jahr 2009 das Insolvenzverfahren eröffnet. Daraufhin wollte das Finanzamt A für die rückständige Körperschaftsteuer der B in Anspruch nehmen. A bildete deshalb wegen der drohenden Haftungsinanspruchnahme eine Rückstellung. Sie war der Ansicht, dass sie die Haftungsschulden abziehen kann, da es sich nicht um Steuern i. S. d. § 10 Nr. 2 KStG handelte. Das Finanzamt dagegen rechnete den zurückgestellten Betrag außerbilanziell dem Gewinn der A hinzu.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof entschied, dass die einkommensmindernde Rückstellung für eine drohende Haftungsinanspruchnahme durch eine außerbilanzielle Gewinnerhöhung neutralisiert werden muss. Eine Hinzurechnung kam zwar nicht nach § 10 Nr. 2 KStG infrage, war aber nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG vorzunehmen.

Nach dem gesetzlichen Wortlaut greift das Abzugsverbot für "Steuern" vom Einkommen oder andere Personen-"steuern". Dazu zählt grundsätzlich auch die Körperschaftsteuer. Nicht erfasst werden jedoch Haftungsschulden. Denn das Gesetz unterscheidet eindeutig zwischen Steueransprüchen (Steuerschulden) einerseits und Haftungsansprüchen (Haftungsschulden) andererseits.

Eine verdeckte Gewinnausschüttung ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung, also eine verhinderte Vermögensmehrung, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrags auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht.

Im vorliegenden Fall gab es eine Vermögensminderung der A durch die Passivierung der Rückstellung. Diese wirkte sich auf das Ergebnis der A aus. Außerdem stand sie in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung. Schließlich war die Vermögensminderung auch durch das Gesellschaftsverhältnis zur Organträgerin veranlasst. Es waren daher alle Voraussetzungen einer verdeckten Gewinnausschüttung gegeben.

Der Beurteilung als verdeckter Gewinnausschüttung stand nicht entgegen, dass das Organschaftsverhältnis zum Zeitpunkt des Eintritts der Vermögensminderung nicht mehr bestanden hat. Der Umstand, dass die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasste Übernahme des Haftungsrisikos sich zeitlich erst nach Beendigung der Organschaft realisierte, änderte am Ergebnis nichts.

5. Wann gilt eine Entschädigung für die Eintragung einer Dienstbarkeit als zugeflossen?

Fließt für die Eintragung einer beschränkt persönlichen Dienstbarkeit, die das Recht dinglich absichert, ein Grundstück als Überflutungsfläche zu nutzen, eine Entschädigung zu, stellt diese im Zuflusszeitpunkt eine Betriebseinnahme dar. Eine Verteilung der Zahlungen auf den Zeitraum der Nutzung ist nicht möglich.

Hintergrund

Die Klägerin ermittelte den Gewinn aus ihrem landwirtschaftlichen Betrieb durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung. Im November 2011 wurde für das Land an einem zum Betriebsvermögen der Klägerin gehörendes Grundstück eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit in das Grundbuch eingetragen. Diese räumte dem Land das Recht ein, "die Fläche als Überflutungsfläche für den Betrieb der Hochwasserrückhaltung" zu nutzen. Dafür erhielt die Klägerin eine Entschädigungszahlung. Die Klägerin wollte die Zahlung des Landes gleichmäßig auf einen Zeitraum von 10 Jahren verteilen. Das Finanzamt behandelte die Zahlung jedoch als laufende Betriebseinnahme.

Entscheidung

Betriebseinnahmen sind alle Zugänge in Geld oder Geldeswert, die durch den Betrieb veranlasst sind. Eine Einnahme ist betrieblich veranlasst, wenn ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit dem Betrieb gegeben ist. Dieser Zusammenhang war hier gegeben. Denn die Klägerin erhielt die Zahlung für die Eintragung der beschränkt persönlichen Dienstbarkeit in das Grundbuch, durch die ein zu ihrem Betriebsvermögen gehörendes Grundstück belastet wurde.

Der Begriff der Nutzungsüberlassung ist im Gesetz nicht weiter definiert. Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs handelt es sich bei den Einnahmen für eine Nutzungsüberlassung um Leistungen, die für eine Nutzung von beweglichen oder unbeweglichen Sachen sowie Rechten erbracht werden. Vorteile aus der Veräußerung oder anderweitigen rechtsgeschäftlichen Verwertungen einer Sache oder eines Rechts stellen keine Einnahmen aus einer Nutzungsüberlassung dar. Gleiches gilt für Zahlungen, durch die eine tatsächliche bzw. vermeintliche Wertminderung ausgeglichen wird. Im Ergebnis war deshalb die Zahlung an die Klägerin kein Entgelt für die zeitlich begrenzte Nutzung, sondern für die dauerhafte dingliche Belastung des Grundstücks.

6. Ist die Tätigkeit eines Heileurythmisten gewerblich?

Wurde zwischen dem Berufsverband der Heileurythmisten und einer gesetzlichen Krankenkasse ein Integrierter Versorgungsvertrag nach § 140a ff. SGB V abgeschlossen, spricht dies dafür, dass die Tätigkeit des Heileurythmisten freiberuflich und nicht gewerblich ist.

Hintergrund

Die Klägerin K war als Heileurythmistin selbstständig tätig und Mitglied des Berufsverbandes Heileurythmie e.V. Anfang 2006 schlossen 12 gesetzliche Krankenkassen mit den Berufsverbänden der anthroposophischen Heilkunst, zu denen der Berufsverband der K gehört, Verträge zur Durchführung Integrierter Versorgung mit Anthroposophischer Medizin auf der Grundlage der §§ 140a ff. SGB V (sog. IV-Verträge). Danach übernehmen die Kassen die Kosten für ärztlich verordnete und durch anerkannte Therapeuten erbrachte Leistungen der Heileurythmie nach bestimmten Gebührensätzen.

Das Finanzamt sah die Tätigkeit der K als gewerblich an. Da K keine Gewerbesteuererklärung abgegeben hatte, erließ das Finanzamt einen Gewerbesteuermessbescheid auf der Grundlage einer Schätzung. Die Klage der K vor dem Finanzgericht hatte keinen Erfolg.

Entscheidung

Vor dem Bundesfinanzhof hatte K jedoch Erfolg. Dieser entschied, dass die Tätigkeit als Heileurythmistin der Tätigkeit des Katalogberufs des Krankengymnasten bzw. Physiotherapeuten ähnlich war und sie deshalb eine freiberufliche Tätigkeit ausübte.

Ein ähnlicher Beruf liegt vor, wenn er in wesentlichen Punkten mit einem der Katalogberufe vergleichbar ist. Dazu gehört die Vergleichbarkeit sowohl der Ausbildung als auch der ausgeübten beruflichen Tätigkeit. Erfordert der Katalogberuf eine Erlaubnis, muss für die Ausübung des ähnlichen Berufs ebenfalls eine solche erforderlich sein.

Die Heileurythmie gehört zu den Versorgungsinhalten der anthroposophischen Medizin, fällt also unter den Begriff der Heilkunst. Deshalb ist die Tätigkeit eines Heileurythmisten mit der eines Krankengymnasten vergleichbar. Die Ausbildung zum Heileurythmisten ist zwar nicht staatlich geregelt. Dem Ziel, eine fachgerechte Berufsausübung zu gewährleisten, dienen jedoch auch die Regelungen in den sog. IV-Verträgen. Diese stellen hohe Anforderungen an die Qualifikation des Erbringers der Heilleistung. Die Ausbildung und Eignung des Therapeuten müssen durch den Berufsverband überprüft und anerkannt sein. Aufgrund dessen kam der Bundesfinanzhof zu dem Ergebnis, dass die Zulassung der K durch den Berufsverband zur Erbringung von Leistungen der Anthroposophischen Medizin auf der Grundlage sog. IV-Verträge für das Vorliegen einer dem Katalogberuf ähnlichen Tätigkeit sprach.

7. Bau einer Gartenanlage: Unterliegt die Lieferung der Pflanzen dem ermäßigten Steuersatz?

Wird ein Garten im Rahmen eines Gesamtkonzepts angelegt, fällt diese Leistung umsatzsteuerlich insgesamt unter den Regelsteuersatz. Das gilt auch für die in diesem Zusammenhang gelieferten Pflanzen. Denn die Lieferung der Pflanzen bildet zusammen mit den Gartenbauarbeiten eine einheitliche komplexe Leistung.

Hintergrund

Eine GmbH, die den Garten- und Landschaftsbau betreibt, vereinbarte mit der Kundin F im Juni 2009 den Bau einer Gartenanlage gegen eine Pauschalvergütung. Die Lieferung der einzusetzenden Pflanzen war in diesem Vertrag jedoch nicht enthalten. Für die Beschaffung der Pflanzen wollte F eigentlich die Firma L beauftragen, es kam aber kein Vertrag zustande. Stattdessen übernahm die GmbH die Pflanzenlieferung aufgrund einer "Vertragsergänzung" über das "Liefern und Einsetzen der Pflanzen, inkl. Anwachsgarantie".

In ihrer Umsatzsteuererklärung setzte die GmbH die Pflanzenlieferung mit dem ermäßigten Steuersatz an. Das Finanzamt sah hingegen die Pflanzenlieferungen als Bestandteil einer einheitlichen Leistung, nämlich der Erstellung einer Gartenanlage, an und wendete insgesamt den Regelsteuersatz an.

Vor dem Finanzgericht hatte die Klage der GmbH Erfolg.

Entscheidung

Dagegen gab der Bundesfinanzhof dem Finanzamt Recht. Er entschied, dass die Lieferung der Pflanzen zusammen mit den Gartenbauarbeiten eine einheitliche, dem Regelsteuersatz unterliegende sonstige Leistung darstellte. Denn durch die Kombination der Pflanzenlieferungen (Büsche, Sträucher, Bäume, Rasen) mit den Gartenbauarbeiten wurde eine Gartenanlage und damit etwas Eigenständiges Drittes geschaffen, hinter das die Pflanzenlieferungen und die Gartenbauarbeiten zurücktraten. Bei dieser Anlage waren die einzelnen Liefer- und Leistungselemente so eng miteinander verknüpft, dass etwas Neues entstand, dessen Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre. Für den untrennbaren Zusammenhang sprach darüber hinaus, dass die GmbH die Gewährleistung für das An- und Weiterwachsen der Pflanzen übernahm.

8. Auch wenn viel Bargeld im Spiel ist: Alles muss versteuert werden

Ein Gaststätten- und Hotelbetreiber wollte seine Bareinnahmen nur teilweise versteuern und verwies dazu auf ein strukturelles Erhebungsdefizit bei der Besteuerung bargeldintensiver Geschäftsbetriebe – ohne Erfolg.

Hintergrund

Die Klägerin betrieb als oHG bargeldintensive Gaststätten und Hotelbetriebe. Das Finanzamt veranlagte die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen erklärungsgemäß. Dagegen klagte die Klägerin im Rahmen einer Sprungklage. Sie war der Ansicht, dass bei bargeldintensiven Betrieben in der Erfassung von Bareinnahmen ein strukturelles Vollzugsdefizit vorlag. Deshalb verstieß die Besteuerung der erzielten Bareinnahmen in vollem Umfang gegen das Grundrecht auf Gleichbehandlung. Der Gesetzgeber hatte aus politischen Gründen keine Neuregelung geschaffen und würde eine Steuerhinterziehung bewusst in Kauf nehmen. Die Klägerin schätzte den Anteil der von ihr erklärten Einnahmen, die ihrer Meinung nach verfassungswidrig besteuert würden und beantragte, eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen.

Entscheidung

Die Klage hatte vor dem Finanzgericht keinen Erfolg. Die Richter entschieden, dass die Besteuerung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb verfassungsgemäß war. Bezüglich der Erfassung von Bareinnahmen bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb bestand bei bargeldintensiven Betrieben kein strukturelles Vollzugsdefizit. Zudem gab es keine "Gleichheit im Unrecht" und damit keinen Anspruch auf Fehlerwiederholung bei der Rechtsanwendung. Zwar stellten die Möglichkeiten zur Manipulation von Kassenaufzeichnungen ein Problem für den gleichmäßigen Steuervollzug dar. Die bestehenden Gesetze zielten aber auf die Durchsetzung der Steuernormen hin. Außerdem bestand immer auch ein erhebliches Entdeckungsrisiko der Manipulationen. Das vorhandene Vollzugsdefizit lag im Tatsächlichen begründet und ließ sich nicht dem Gesetzgeber zurechnen.

9. Verbleibender Spendenvortrag muss vom Finanzamt gesondert festgestellt werden

Hat das Finanzamt einen verbleibenden Spendenvortrag für eine Vermögensstockspende noch nicht gesondert festgestellt, muss das Finanzgericht ein Klageverfahren gegen die nachfolgenden Einkommensteuerbescheide aussetzen.

Hintergrund

Die verheirateten Kläger errichteten mit 2 weiteren Gründungsstiftern im Jahr 2001 eine privatrechtliche Stiftung zur Förderung steuerbegünstigter Zwecke. Dieser wandten sie ein im Miteigentum aller Stifter stehendes Grundstück zu. Stiftungsgeschäft und Grundstücksübertragung waren zunächst nur in schriftlicher Form erfolgt. Erst am 21.11.2003 erklärten die Stifter die Auflassung vor dem Notar. Die notarielle Urkunde enthielt den Hinweis, dass das Grundstück mit Wirkung zum 11.7.2001 übertragen wurde und dass Besitz, Nutzungen und Gefahr des zufälligen Untergangs sowie alle öffentlichen und privaten Lasten bereits durch den privatschriftlichen Einbringungsvertrag vom 11.7.2001 übergegangen waren. Im Jahr 2004 wurde die Stiftung als Eigentümerin des Grundstücks im Grundbuch eingetragen.

Die Kläger machten für 2005 eine Zuwendung in den Vermögensstock der Stiftung anlässlich deren Neugründung geltend und beantragten, entsprechende Zuwendungen auch in den Einkommensteuererklärungen für die Jahre 2006 und 2007 als Sonderausgaben abzuziehen.

Das Finanzamt lehnte den Sonderausgabenabzug ab und begründete dies damit, dass das Grundstück der Stiftung nicht im Jahr ihrer Gründung zugewandt worden war.

Das Finanzgericht gab den Klägern Recht.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof bemängelte, dass das Finanzgericht die Aussetzung des vorliegenden Verfahrens hätte anordnen müssen. Denn die erforderliche gesonderte Feststellung des Spendenvortrags war nicht durchgeführt worden. Deshalb hob der Bundesfinanzhof das finanzgerichtliche Urteil auf und verwies die Sache an das Finanzgericht zurück.

Zuwendungen, die anlässlich der Neugründung in den Vermögensstock einer Stiftung geleistet werden, können im Jahr der Zuwendung und in den folgenden 9 Jahren bis zu einem Betrag von 307.000 EUR als Sonderausgaben abgezogen werden. Dabei ist ein noch nicht verbrauchter Spendenvortrag zum Ende des Veranlagungszeitraums gesondert festzustellen. Dieser Feststellungsbescheid entfaltet als Grundlagenbescheid Bindungswirkung hinsichtlich des Grundes und der Höhe der steuerlichen Berücksichtigung einer Vermögensstockspende als Sonderausgabe im Rahmen späterer Einkommensteuerfestsetzungen innerhalb eines Verteilungszeitraums von maximal 10 Jahren.

Das Finanzgericht muss nun das Verfahren aussetzen, damit das Finanzamt den verbleibenden Spendenvortrag gesondert feststellen kann.

10. Wertlose Aktien: Welche steuerlichen Folgen ergeben sich?

Werden endgültig wertlos gewordene Aktien aus einem Depot ausgebucht, kann der Vermögensverlust steuerlich geltend gemacht werden – sagt zumindest das Finanzgericht Rheinland-Pfalz. Das letzte Wort hat nun der Bundesfinanzhof.

Hintergrund

Der Kläger erwarb im Januar 2010 insgesamt 10.000 Aktien zu einem Kaufpreis von 5.400 EUR. Diese hielt er im Privatvermögen. Im Juni 2011 teilte die depotführende Bank dem Kläger mit, dass seine Aktien als wertlos eingestuft wurden. Die Anteile wurden daher ersatzlos aus dem Depot ausgebucht. Das Finanzamt erkannte den entsprechenden Verlust nicht als Verlust aus Kapitalvermögen an. Seiner Meinung nach handelte es sich bei einem Forderungsausfall oder einer Kapitalgesellschaftsliquidation nicht um eine Veräußerung im Sinne des Gesetzes.

Entscheidung

Vor dem Finanzgericht bekam der Kläger Recht. Dieses erkannte den Verlust aus der Ausbuchung der wertlos gewordenen Aktien an. Denn auch die Einlösung, Rückzahlung, Abtretung oder verdeckte Einlage in eine Kapitalgesellschaft galt als Veräußerung. Und nach Meinung des Finanzgerichts war der Ausfall eines Aktionärs bei Untergang einer Kapitalgesellschaft als (ausbleibende) "Rückzahlung" in diesem Sinne zu verstehen.

Das Finanzgericht verwies auf die neuere Rechtsprechung des BFH, wonach der endgültige Ausfall einer privaten Darlehensforderung im System der Abgeltungsteuer zu einem steuerlich anzuerkennenden Verlust führt. Daraus ergab sich, dass auch die Übertragung wertloser Wirtschaftsgüter ohne Gegenleistung zu einem Veräußerungsverlust führt und es wirtschaftlich betrachtet keinen Unterschied macht, ob eine Forderung kurz vor dem Ausfall "zu Null" verkauft oder mangels Käufer behalten wird. Nach Auffassung des Finanzgerichts gab es keinen Anlass dafür, den Untergang einer Aktie steuerlich anders zu behandeln als den Untergang einer Darlehensforderung.

11. Unterricht in der Fahrschule ist nicht von der Umsatzsteuer befreit

Fahrunterricht, der im Hinblick auf den Erwerb der Fahrerlaubnisse für Kraftfahrzeuge der Klassen B und C1 erteilt wird, fällt nicht unter den Begriff des "Schul- und Hochschulunterrichts". Deshalb kommt eine Befreiung von der Umsatzsteuer nicht infrage.

Hintergrund

Die Klägerin betrieb in der Rechtsform einer GmbH eine Fahrschule. In den von ihr ausgestellten Rechnungen wies sie keine Umsatzsteuer gesondert aus. Für das Streitjahr erklärte sie zunächst steuerpflichtige Umsätze. Im Dezember 2014 beantragte die Klägerin, die Umsatzsteuer auf 0 EUR herabzusetzen. Das Finanzamt lehnte den Antrag ab.

Das Finanzgericht hatte entschieden, dass eine Steuerbefreiung nicht in Betracht kommt, weil bei den Leistungen im Zusammenhang mit den Fahrerlaubnisklassen B und C1 die Fahrerlaubnis nicht als Anerkennungsnachweis als berufsbildende Einrichtung in Betracht kam. Die Befreiung scheiterte bereits daran, dass die Klägerin ihre Leistungen unmittelbar an ihre Schüler und nicht an die genannten Einrichtungen erbrachte. Bei der theoretischen Schulung und dem praktischen Fahrunterricht handelte es sich nicht um Schul- oder Hochschulunterricht.

Der Bundesfinanzhof neigte zu der Ansicht, dass die Fahrschulleistung als Schulunterricht gelten kann und legte die Frage dem Europäischen Gerichtshof zur Klärung vor.

Entscheidung

Der Europäische Gerichtshof entschied, dass der Begriff des Schul- und Hochschulunterrichts nicht Fahrunterricht umfasst, der im Hinblick auf den Erwerb der Fahrerlaubnisse für Kraftfahrzeuge der Klassen B und C1 erteilt wird.

Der Begriff "Schul- und Hochschulunterricht" beschränkt sich nicht auf Unterricht, der zu einer Abschlussprüfung zur Erlangung einer Qualifikation führt oder eine Ausbildung im Hinblick auf die Ausübung einer Berufstätigkeit vermittelt. Er schließt vielmehr auch andere Tätigkeiten ein, bei denen die Unterweisung in Schulen und Hochschulen erteilt wird, um die Kenntnisse und Fähigkeiten der Schüler oder Studenten zu entwickeln, soweit diese Tätigkeiten nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben. Davon ausgehend können Tätigkeiten, die nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben, vom Begriff des Schul- und Hochschulunterrichts erfasst werden, wenn die Unterweisung in Schulen oder Hochschulen erfolgt.

Für die Zwecke der Mehrwertsteuer verweist der Begriff des Schul- und Hochschulunterrichts daher allgemein auf ein integriertes System der Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten in Bezug auf ein breites und vielfältiges Spektrum von Stoffen sowie auf die Vertiefung und Entwicklung dieser Kenntnisse und Fähigkeiten durch die Schüler und Studenten je nach ihrem Fortschritt und ihrer Spezialisierung auf den verschiedenen dieses System bildenden Stufen. Vor diesem Hintergrund bleibt der Fahrunterricht in einer Fahrschule, auch wenn er sich auf verschiedene Kenntnisse praktischer und theoretischer Art bezieht, gleichwohl ein spezialisierter Unterricht, der für sich allein nicht der für den Schul- und Hochschulunterricht kennzeichnenden Vermittlung, Vertiefung und Entwicklung von Kenntnissen und Fähigkeiten in Bezug auf ein breites und vielfältiges Spektrum von Stoffen gleichkommt.

12. Investitionszulage: Wann beginnt die Herstellung eines Gebäudes?

Wird ein Architekten- oder Ingenieurbüro mit der Überwachung des Baus eines noch zu errichtenden Gebäudes beauftragt, handelt es sich um einen Leistungsvertrag, der der Bauausführung zuzurechnen ist. Deshalb gilt der Abschluss eines solchen Vertrags als Beginn der Herstellung des Gebäudes.

Hintergrund

Die Klägerin, eine GmbH, wollte eine neue Betriebshalle errichten. Mit Vertrag vom 13.4.2011 beauftragte sie die M-GmbH u.a. mit der Bauüberwachung. Im Dezember 2012 erteilte sie der Firma W den Auftrag zur Ausführung der Bauarbeiten.

Für die Jahre 2011 bis 2013 beantragte die Klägerin eine Investitionszulage für die Investitionen, die mit dem Erstinvestitionsvorhaben "Erweiterung der Betriebsstätte in H" zusammenhingen. Dabei ging sie von einem Beginn des Bauvorhabens im April 2011 aus. Das Finanzamt sah dagegen den Abschluss des Bauvertrags im Dezember 2012 als Beginn des Erstinvestitionsvorhabens an. Deshalb könnten die unbeweglichen Wirtschaftsgüter nur mit einem Zulagensatz von 5 % statt 7,5 % gefördert werden, die beweglichen Wirtschaftsgüter nur 10 % statt 15 %. Das Finanzgericht wies die Klage der GmbH ab.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof gab jedoch der Klägerin Recht und entschied: Ein Erstinvestitionsvorhaben, das sich aus mehreren Einzelinvestitionen zusammensetzt, beginnt in dem Zeitpunkt, zu dem mit der ersten hierzu gehörenden Einzelinvestition begonnen wurde. Im Falle der Herstellung eines Wirtschaftsguts ist das grundsätzlich der Zeitpunkt, zu dem mit seiner Herstellung begonnen worden ist. Abweichend davon gilt bei der Herstellung von Gebäuden, dass der Abschluss eines der Bauausführung zuzurechnenden Lieferungs- oder Leistungsvertrags als Beginn der Herstellung gilt.

Um einen solchen Vertrag handelt es sich nach Meinung des Bundesfinanzhofs bei dem zwischen der Klägerin und der M-GmbH abgeschlossenen Vertrag. Damit beauftragte die Klägerin die M-GmbH nicht nur mit der Erbringung von Planungsleistungen, sondern auch mit der Bauüberwachung. Spätestens die Bauüberwachung aber ist der Bauausführung zuzurechnen. Damit lag der Beginn des Erstinvestitionsvorhabens im Jahr 2011 und deshalb stand der Klägerin eine Zulage von 7,5 % für unbewegliche und von 15 % für bewegliche Wirtschaftsgüter zu.

13. Waren im Niedrigpreissegment: Welche Anforderungen sind an die Leistungsbeschreibung zu stellen?

Setzt der Vorsteuerabzug aus Rechnungen im Niedrigpreissegment hinsichtlich der Leistungsbeschreibung voraus, dass die Art der gelieferten Gegenstände mit ihrer handelsüblichen Bezeichnung angegeben wird? Der Bundesfinanzhof hat so seine Zweifel. Vielleicht reicht bald die Angabe der Warengattung aus.

Hintergrund

Die Antragstellerin A war im Großhandel mit Textilien und Modeaccessoires tätig. Sie kaufte ihre Waren stets in großen Mengen und überwiegend zu Preisen im unteren und mittleren einstelligen Eurobereich ein. In ihren Umsatzsteuererklärungen machte A Vorsteuerabzugsbeträge aus Rechnungen geltend. In diesen waren die Artikel lediglich mit Angaben wie Tunika, Hosen, Blusen, Top, Kleider, T-Shirt, Pulli u. Ä. bezeichnet.

Das Finanzamt lehnte deshalb den Vorsteuerabzug aus den Warenrechnungen ab. Daraufhin erhob A Klage vor dem Finanzgericht und beantragte die Aussetzung der Vollziehung der Umsatzsteuerbescheide. Das Finanzgericht lehnte den Aussetzungsantrag ab, da seiner Meinung nach die bloße Angabe einer Gattung in den Rechnungen (T-Shirt, Kleider, Pulli etc.) keine "handelsübliche Bezeichnung" darstellte. Damit waren die Anforderungen einer ordnungsgemäßen Rechnung nicht erfüllt.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof gewährte dagegen die beantragte Aussetzung der Vollziehung. Die Richter hatten ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Umsatzsteuerbescheide.

Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Steuerbescheids liegen nach ständiger Rechtsprechung bereits dann vor, wenn bei summarischer Prüfung neben für seine Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung entscheidungserheblicher Tatfragen bewirken.

Ernstliche Zweifel ergaben sich im vorliegenden Fall daraus, dass es zu den Anforderungen an die Leistungsbeschreibung im Niedrigpreissegment noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung gab und dass diese Frage von den Finanzgerichten unterschiedlich beantwortet wurde.

In einem früheren Beschluss kam der Bundesfinanzhof zu dem Ergebnis, dass bei "hochpreisigen" Uhren und Armbändern die bloße Gattungsangabe "diverse Armbanduhren" oder "diverse Armbänder" als Leistungsbeschreibung nicht ausreichend war. Klärungsbedürftig und damit ernstlich zweifelhaft war, ob im Niedrigpreissegment geringere Anforderungen an die Leistungsbeschreibung gestellt werden können. Der Aufwand für die Konkretisierung des Leistungsgegenstands in Rechnungen könnte sich bei Großeinkäufen verschiedener Waren zu geringen Stückpreisen als unverhältnismäßig herausstellen.

Schließlich ergeben sich ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Umsatzsteuerbescheide auch daraus, dass die nationale Rechtsvorschrift möglicherweise gegen Unionsrecht verstößt. Denn das Unionsrecht schreibt lediglich vor, dass die "Art der gelieferten Gegenstände" aus der Rechnung hervorgehen muss. Das deutsche Umsatzsteuergesetz verlangt darüber hinaus die "handelsübliche Bezeichnung" des gelieferten Gegenstandes.

14. Vermietung: Zeitpunkt der Rückgabe entscheidet über den Beginn der Verjährung

Die Verjährung von Ersatzansprüchen des Vermieters beginnt mit der Rückgabe der Mietsache. Diese setzt voraus, dass der Vermieter den Besitz zurückerhält und der Mieter den Besitz vollständig und unzweideutig aufgibt.

Hintergrund

Der Mieter eines Bürogebäudes hatte das Mietverhältnis zum 30.9.2012 gekündigt. Laut Mietvertrag hatte er die Mieträume bei Beendigung des Mietverhältnisses vollständig geräumt, gesäubert und in fachgerecht renoviertem, soweit erforderlich, und instandgesetztem Zustand zurückzugeben. Alternativ konnte er auf Verlangen der Vermieterin einen angemessenen Geldbetrag dafür zahlen. Weiterhin hatte der Mieter von ihm vorgenommene Einbauten zu entfernen. Die Vermieterin war jedoch berechtigt, die Einbauten gegen Werterstattung zu übernehmen.

Im Oktober 2012 räumte der Mieter das Objekt, ohne seine Einbauten zu entfernen. Nach einer Besichtigung am 14.12.2012 und einer Besprechung einige Tage später teilte die Vermieterin im Januar 2013 schriftlich mit, welche Einbauten noch zurückgebaut und welche Instandsetzungsmaßnahmen vom Mieter ihrer Ansicht nach noch durchgeführt werden müssten. Nachdem diese Arbeiten durchgeführt waren, gab der Mieter das Objekt am 8.2.2013 an die Vermieterin zurück und händigte die Schlüssel aus.

Anschließend forderte die Vermieterin weitere Mangelbeseitigungsarbeiten. Diese lehnte der Mieter am 13.6.2013 endgültig ab. Daraufhin erhob die Vermieterin am 8.7.2013 Klage, zugestellt am 1.8.2013.

Der Mieter war der Ansicht, dass die 6-monatige Verjährungsfrist abgelaufen und eventuelle Schadensersatzansprüche der Vermieterin verjährt waren.

Entscheidung

Der Bundesgerichtshof entschied, dass die Schadensersatzansprüche der Vermieterin im vorliegenden Fall nicht verjährt waren. Ersatzansprüche des Vermieters wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache verjähren in 6 Monaten. Die Verjährung beginnt mit dem Zeitpunkt, zu dem er die Mietsache zurückerhält. Die Verjährung der von der Vermieterin erhobenen Ansprüche begann erst mit dem Ablauf des 8.2.2013, denn erst an diesem Tag hat die Vermieterin die Räume nebst Schlüssel zurückerhalten. Zuvor hatte der Mieter den Besitz noch nicht vollständig und unzweideutig zugunsten der Vermieterin aufgegeben. Die Klage wurde rechtzeitig innerhalb der 6-monatigen Verjährungsfrist erhoben.

Das Schreiben vom 9.11.2012, mit dem der Mieter die sofortige Rückgabe angeboten hatte, ändert hieran nichts. Denn es fehlte zu diesem Zeitpunkt nicht nur an einer vollständigen und endgültigen tatsächlichen Besitzaufgabe durch den Mieter, sondern auch an einem dahingehenden tatsächlichen oder wörtlichen Angebot.

Zwar ist im Schreiben des Mieters vom 9.11.2012 von einer Rückgabe ab sofort die Rede. Da der Mieter eine nähere Abstimmung mit der Vermieterin wegen der Einbauten begehrte, kann dem Schreiben nicht entnommen werden, dass der Mieter die Sachherrschaft über die Räume schon vor Klärung dieser Fragen vollständig und endgültig aufgeben wollte.

Erst durch die Übergabe am 8.2.2013 war die Klägerin wieder in Alleinbesitz, durch den sie sich ungestört ein umfassendes Bild vom Zustand der Mietsache machen konnte.

15. Wohnungseigentum: Kurzzeitvermietung kann nicht mit Mehrheitsbeschluss verboten werden

Wird eine Eigentumswohnung kurzzeitig an wechselnde Gäste vermietet, liegt eine zulässige Nutzung vor. Verbieten können das die Eigentümer nur gemeinsam. Ein Mehrheitsbeschluss auf der Grundlage einer Öffnungsklausel ist nicht zulässig.

Hintergrund

Eine Wohnungseigentümergemeinschaft bestand aus 8 Einheiten. Die Teilungserklärung erlaubte den Wohnungseigentümern auch die kurzzeitige Vermietung ihrer Wohnungen, z. B. an Feriengäste. Eine Öffnungsklausel sah vor, dass die Teilungserklärung mit einer Mehrheit von 75 % aller Miteigentumsanteile geändert werden konnte.

Mit einer solchen Mehrheit beschlossen die Wohnungseigentümer in einer Eigentümerversammlung, dass die kurzfristige Vermietung nicht mehr zulässig ist.

Eine Wohnungseigentümerin erhob gegen diesen Beschluss Anfechtungsklage.

Entscheidung

Der Bundesgerichtshof gab der klagenden Eigentümerin Recht und entschied, dass der Beschluss, die Vermietung von Wohnungen an häufig wechselnde Gäste zu verbieten, rechtswidrig war. Denn darin lag eine Änderung der Zweckbestimmung und diese konnte nicht mit Stimmenmehrheit beschlossen werden.

In der Anlage war die kurzzeitige Vermietung von Wohnungen nach der bisher geltenden Gemeinschaftsordnung ausdrücklich erlaubt. Selbst ohne ausdrückliche Erlaubnis wäre nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine Vermietung von zu Wohnzwecken dienenden Einheiten an täglich oder wöchentlich wechselnde Feriengäste von der zulässigen Wohnnutzung gedeckt.

Die Öffnungsklausel ermöglichte es den Eigentümern zwar, Vereinbarungen mit qualifizierter Mehrheit zu ändern. Allerdings waren bestimmte Rechte der Sondereigentümer "mehrheitsfest". Das bedeutet, sie konnten nur mit Zustimmung der betroffenen Eigentümer geändert werden.

Die Zweckbestimmung eines Wohnungs- oder Teileigentums ist ein solches mehrheitsfestes Recht eines Sondereigentümers. Weil Änderungen der Zweckbestimmung die Nutzung des Sondereigentums substanziell betreffen, bedürfen sie auch bei Vorliegen einer Öffnungsklausel zumindest der Zustimmung des betroffenen Eigentümers. Auch Vermietungsverbote greifen in die Zweckbestimmung des Wohnungseigentums ein. Das im vorliegenden Fall beschlossene Vermietungsverbot, mit dem nur kurzzeitige Vermietungen untersagt wurden, bedurfte deshalb der Zustimmung aller Wohnungseigentümer. Denn es schränkte das Recht jedes einzelnen Wohnungseigentümers, mit seinem Sondereigentum nach Belieben zu verfahren, dauerhaft in erheblicher Weise ein. Ein Sondereigentümer darf sich aber darauf verlassen, dass seine Nutzungsbefugnisse nicht ohne sein Zutun eingeschränkt werden.

16. Warum Bewohnerparkausweise nur für Bewohner sind, nicht für Geschäftsleute

Eine Rechtsanwaltskanzlei kann nicht die Zuweisung von 10 Bewohnerparkausweisen verlangen. Denn die Parkflächen sind für Bewohner vorgesehen, nicht für Gewerbetreibende oder freie Berufsgruppen.

Hintergrund

Eine Rechtsanwaltskanzlei beantragte für die Partner und Mitarbeiter der Kanzlei 10 Bewohnerparkausweise. An ihrem Sitz war eine Bewohnerparkzone ausgewiesen. Die zuständige Behörde wies den Antrag ab. Sie war der Ansicht, dass die Anwälte und ihre Mitarbeiter nicht in der Kanzlei wohnten und deswegen auch nicht berechtigt waren, Bewohnerparkplätze zu nutzen.

Entscheidung

Die Klage der Kanzlei hatte keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht gab der Behörde Recht. Zur Begründung führten die Richter aus, dass der Begriff des Bewohners nicht diejenigen erfasst, die einer selbstständigen oder unselbstständigen beruflichen Tätigkeit nachgehen.

Der Gesetzesbegründung ließ sich lediglich entnehmen, dass Bewohnerparkplätze für die in dem betreffenden Gebiet Wohnenden ausgewiesen werden sollten. Für die dort arbeitenden oder beschäftigten Personengruppen galt das jedoch nicht.

Die Richter wiesen ebenfalls darauf hin, dass der Klägerin als Partnergesellschaft schon denklogisch nicht die Eigenschaft einer Bewohnerin zukommen konnte. Aber auch die Mitarbeiter waren keine Bewohner.

Durch die Verweigerung eines Parkausweises wurde auch nicht die durch Art. 12 GG garantierte Freiheit der Berufsausübung verletzt. Denn an der Ausübung ihres Berufs wurden die Rechtsanwälte durch die Ablehnung nicht gehindert. Mögliche Erschwernisse bei der Parkplatzsuche tangierten die Berufsausübung der Anwälte als solche nicht.



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Stephan Gißewski
Steuerberater


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